Der Sturzangst den Kampf ansagen – Sturztraining in der Halle

Foto: Scott Osborn unsplash.com

Wer kennt es nicht, man klettert über den letzten Haken, hat eine brutale Crux vor sich und schon schlackern die Knie. Nicht weil man zu wenig Beintraining absolviert hat, sondern weil sich still und heimlich die Sturzangst in den Kopf schleicht und dich plötzlich anbrüllt: “Das kletterst du jetzt nicht, sonst sterben wir hier!”

Dabei ist die Angst vor dem Fallen ganz natürlich. Sie bewahrt uns vor leichtsinnigen Aktionen und lässt uns aufmerksam werden. So bringt es auch nichts den Urinstinkt der Menschheit zu ignorieren, denn er kommt mit Sicherheit immer wieder durch. Da das mit der Zeit ziemlich nervig wird, sollte man sich eine Lösung überlegen. Das Problem hat man ja schon erkannt.

Also auf geht’s zum Sturztraining

Aber Moment! Heißt das, ich bringe meinen Körper und meine Psyche absichtlich wieder in die Situation, die ich so unangenehm empfinde? Richtig! Denn so lernt man, damit richtig umzugehen, keine gefährlichen Fehler zu machen und sich auf einen “richtigen” Sturz vorzubereiten. Auch für den Sicherer ist das ein wichtiger Lernfaktor.

Langsam herantasten – Sturztraining Level 1
Für ein Sturztraining eignet sich natürlich die Kletterhalle perfekt. Da kann man sich das Sturzgelände (vorzugsweise leicht überhängend) und die Sturzweite selbst aussuchen und muss sich nicht gleich überfordern. Sowieso darf man sich an das Fallen ruhig langsam herantasten. So ist es am Anfang angenehm sich, ab beispielsweise der fünften Exe, erstmal leicht ins Seil zu setzen. Hat man Vertrauen zum Sicherungspartner und zum Material gefasst, kann man die Abstände Stück für Stück erhöhen. So entscheidet man individuell wie weit man am Anfang fallen möchte und gewöhnt den Kopf ganz sanft an die neue Situation. Beim Fallen ist darauf zu achten, Hände und Beine weg von der Wand zu nehmen, sich nicht krampfhaft an Exen, Griffen oder im Seil festzuhalten. So vermeidet man unnötige Verletzungen. Bei Sturztraining lernt auch der Sicherer automatisch auf die Bedürfnisse des Kletterers ideal einzugehen. Während der eine einen möglichst kurzen (und damit eventuell harten) Sturz möchte, mag’s der andere lieber länger und weicher gesichert. Auch die perfekte Position des Sicherers zur Wand wird damit zu Routine. Empfehlenswert ist auch, einen zweiten Sicherer zu Beginn dabei zu haben. Er stellt sich quasi als “Backup-Bremshand” mit dem Seil in der Hand hinter den Sicherer. So kann auf eine falsche Handlung des Sicherers schnell reagiert werden.

Sturztraining Level 2
Hat man seine Psyche erst einmal an das Fallen gewöhnt, kann man sich an den nächsten Schritt heranwagen. Während man am Anfang den Sicherer eventuell vorwarnt, wann man fallen könnte oder möchte, so bleibt das beim nächsten Level aus. Natürlich sollte der Sicherer immer in der Lage sein einen unvorhersehbaren Sturz zu halten, jedoch ist es vor allem für Anfänger angenehm wenn man vorgewarnt wird. Also wird bei Level 2 nicht mehr viel gequatscht, sondern geklettert und gefallen. Man klettert eine Route und entscheidet ab einer angenehmen Höhe ganz spontan und lässt die Griffe los. So gewöhnt man sich und seinen Sicherer an unvorhergesehene Stürze und trainiert die Reflexe.

Sturztraining Level 3
Doch das beste Training nützt nichts, wenn man es nicht regelmäßig durchführt. Übung macht schließlich den Meister. Level 3 wäre damit der Kletterer, der völlig frei von Sturzangst die Wände hochturnt und fällt wo auch immer er eben fallen muss. Er weiß, dass er sich auf seinen Partner absolut verlassen kann und beim Klettern an seine Grenzen gehen kann, da er perfekt gesichert wird und im Falle eines Falles auch weiß was zu tun ist (siehe Level 1).

Kopfkino
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Man denkt, ein Profi im Stürzen zu sein, furchtlos in der Halle fallen zu können und sowieso keine Sturzangst mehr zu haben. Und dann klettert man eine ausgesetzte Kante irgendwo in den Alpen, wo die letzte Sicherung um die Ecke ist, man seinen Partner gar nicht mehr sehen kann und man sich allein fühlt.

Wer jetzt denkt, dass das Sturztraining damit ja völlig umsonst ist, der irrt. Sturztraining ist lebenswichtig! Durch das regelmäßige Üben werden Sicherungsfehler erkannt und Reflexe trainiert, die in einer brenzligen Situation lebensrettend sein können. Denn im Falle eines Falles ist richtig Fallen alles!

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Eine Idee zu “Der Sturzangst den Kampf ansagen – Sturztraining in der Halle

  1. Sportguide sagt:

    Vielen Dank für den spannenden Blog. Bis dato bin ich in Sachen joggen und Mountainbike unterwegs und möchte jetzt mit klettern anfangen.

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