Kletterspiele, die dich wirklich zum besseren Kletterer machen

In Kletterhallen wird es selten langweilig. Ist eine Route geschafft, wartet direkt daneben schon die nächste Herausforderung. Allerdings: Nicht immer hat man Lust, sich in ein neues, kniffliges Problem zu verbeißen. Wenn du etwas Abwechslung in deine Session bringen willst, sind Kletterspiele und -übungen eine gute Möglichkeit, Spaß abseits harter Projekte zu haben. Dabei profitierst du doppelt. Zum einen bringst du frischen Wind in deinen Kletteralltag, zum anderen sind viele dieser Spiele Gold wert, wenn es ums Erlernen wichtiger Kletterskills geht. Technik, Kraft, Kreativität und Routenlesen werden auf unterhaltsame Weise mittrainiert.

Silent Feet: Anschleichen an der Wand

Wer gut klettern können will, braucht gute Fußtechnik. Das wiederum heißt, die Füße präzise setzen zu können. Genau darauf zielt Silent Feet ab, ein Klassiker der Kletterübungen. Die Idee dahinter ist es, einen Boulder oder eine Route so zu klettern, dass beim Antreten kein Geräusch entsteht. Viele Einsteiger haben damit Probleme. Weil ihr Körpergewicht noch auf dem Fuß ruht, der neu gesetzt werden soll, ziehen sie diesen mit Schwung weiter. Häufig rastet er dann irgendwo über dem Tritt in der Wand ein und rutscht in Position. Das ist weder leise noch präzise.

Die Lösung gestaltet sich grundsätzlich einfach: Bringst du deinen Körper in eine Position, in der du den weitertretenden Fuß komplett entlastest, kannst du diesen auch ohne Schwung und damit leise auf den nächsten Tritt setzen. Silent Feet zu spielen, hilft dir so, die richtige Arbeit mit dem Körperschwerpunkt zu erlernen und verbessert deine Präzision beim Antreten.

Willst du einen Wettkampf daraus machen, such dir mit Freunden eine Handvoll leichte und mittelschwere Boulder und klettert diese nacheinander. Für jedes Geräusch beim Antreten gibt es einen Punkt. Wer am Ende die wenigsten Punkte hat, gewinnt.

Stop and Go: Technik und Kraft in einem

Körperpositionierung spielt auch bei der Stop and Go-Übung eine wichtige Rolle. Gleichzeitig trainiert sie die Finger, die Zugmuskulutur und die Körperspannung. Du bekommst also das gesamte Paket.

Für Stop and Go eignen sich Boulder an geraden oder leicht überhängenden Wänden, die dir zwar schwer fallen, dich aber nicht an deine körperlichen Grenzen bringen. Diese kletterst du dann wie gewohnt – mit einem Unterschied: Beim Weiterziehen greifst du nicht sofort zu, sondern stoppst du Bewegung vorher und lässt die Hand einen Augenblick über dem Griff schweben.

Das klingt einfacher, als es tatsächlich ist. Weil du am schwierigsten Punkt der Bewegung innehältst, werden selbst relativ leichte Züge zu einer kräftigen Angelegenheit. Entlasten kannst du dich nur, wenn du beim Weiterziehen eine stabile Körperposition findest. Deshalb kann das Stop and Go-Klettern sowohl die Technik als auch die Kraft verbessern. Besonders gut ist die Übung für dich geeignet, wenn Körperspannung und Blockierkraft zu deinen Schwächen gehören.

Sieht leichter aus, als es ist. Die Hand vor dem Zufassen kurz über dem Griff schweben zu lassen, ist kraftraubend, aber gutes Training.

Boulder-Golf: Dynamik gewinnt

In der Lage zu sein, eine Position für einen Augenblick statisch zu halten, wird dir im Kletterleben immer wieder helfen. Mindestens ebenso wichtig ist es jedoch, auch mit Schwung klettern zu können. Besonders weite Züge lassen sich so oft deutlich kraftsparender lösen. Wenn du damit deine Schwierigkeiten hast, ist eine Partie Boulder-Golf etwas für dich.

Schnapp dir dafür einen oder mehrere Freunde und sucht euch eine Handvoll Boulder aus, die ihr sicher klettern könnt. Jeder Boulder ist ein Loch auf eurem Golfplatz. Wie beim echten Golf geht es nun darum, mit so wenig Schlägen wie möglich einzulochen. Einlochen heißt hier, zum Top zu klettern. Die Schlagzahl ist die Anzahl der Griffe, die ihr dafür gebraucht habt. Springt jemand vom Start direkt an den Top-Griff, hätte der Kletternde mit einem Schlag eingelocht. Braucht er oder sie Zwischengriffe, erhöht jeder genutzte Griff die Schlagzahl um eins. Etwas anspruchsvoller wird es, wenn ihr Züge statt Griffe zählt.

Für jeden Boulder haben die Spieler nur einen Versuch. Wer es im ersten Versuch nicht schafft, den Boulder zu klettern, bekommt die Punktzahl des Spielers, der die meisten Schläge benötigt hat und kassiert zusätzlich einen Strafpunkt. Waren es beim schwächsten erfolgreichen Spieler drei Schläge, müssen sich die gescheiterten Spieler vier Schläge notieren. Am Ende werden alle Punkte zusammengerechnet. Gewonnen hat, wer insgesamt die wenigsten Schläge benötigt hat.

Bouldergolf ist ein hervorragendes Dynamiktraining, motiviert durch seinen Wettkampfcharakter und macht einfach eine Menge Spaß.

Kofferpacken: Kopftraining gegen die Kletteramnesie

Gute Kletterer stürzen sich nicht einfach auf eine Route. Sie nehmen sich Zeit, sie genau anzusehen und überlegen sich schon vor dem Einstieg Lösungsmöglichkeiten für die einzelnen Züge. Damit diese mentale Vorbereitung fruchtet, darfst du natürlich nicht sofort wieder vergessen, was du dir überlegt hast.

Beim Kofferpacken handelt es sich um ein Gedächtnisspiel, mit dem du zusammen mit Freunden an diesem Skill arbeiten kannst. Die Idee dahinter ist einfach: Gemeinsam kreiert ihr einen eigenen Boulder, der immer länger wird. Die Schwierigkeit ist dann nicht mehr nur, das Problem zu klettern, sondern auch, sich die Züge zu merken. 

Zuerst bestimmt ihr die Reihenfolge, in der ihr klettert. Anschließend definiert der erste Spieler die Startgriffe und macht den ersten Zug. Der zweite Spieler wiederholt diesen Zug und hängt einen Zug an. Gibt es weitere Spieler, müssen diese nun die Züge ihrer Vorgänger klettern, bevor sie eigene definieren dürfen. War jeder einmal dran, ist wieder der Erste an der Reihe, den Boulder zu erweitern.

In der einfachsten Variante definiert ihr nur Griffe. Soll es etwas kniffliger sein, könnt ihr auch Tritte vorgeben. Außerdem könnt ihr festlegen, dass Spieler, die einen zuvor definierten Griff auslassen können, in ihrer Runde zwei Züge anhängen dürfen. Dadurch ändern sich auch ältere Teile des Boulders während einer Runde, was es noch schwieriger macht. Wer sich drei Mal verklettert oder Züge nicht schafft, muss sich aus dem Spiel verabschieden. Der letzte verbliebene Spieler hat gewonnen.

Beta-Brecher: Geht’s nicht auch anders?

Beim Routenlesen ist das Gedächtnis nur die halbe Miete. Um schon beim Betrachten einer Route zu sehen, wie sie funktionieren könnte, braucht es außerdem Bewegungsverständnis und eine Prise Kreativität. Auch das lässt sich spielerisch trainieren.

Die Übung der Wahl ist in diesem Fall das Beta-Brechen. Ziel ist es dabei, einen Boulder auf alle Arten zu klettern, die dir möglich sind. Wenn du eine Route also einmal geklettert bist, gibst du dich damit nicht zufrieden. Stattdessen versuchst du, allein oder mit Freunden alternative funktionierende Zugkombinationen zu finden.

Oft werden diese alternativen Lösungen nicht einfacher sein, manchmal wird es vielleicht auch keine zweite machbare Beta geben. Trotzdem ist diese Übung in doppelter Hinsicht nützlich: Zum einen bist du gefordert, immer neue Bewegungsideen zu entwickeln. Zum anderen bekommst du beim Ausprobieren ein besseres Verständnis dafür, welche Bewegungen wann gut funktionieren und wann eher nicht. Der so aufgebaute Erfahrungsschatz hilft dir, schneller gute Lösungen für neue Routen zu finden – auch wenn du die Matte bereits verlassen hast und spontan umdenken musst, weil dein ursprünglicher Plan nicht aufgeht.